Zypern vor der Gefahr massenhafter Überwachung durch die Initiative „ChatControl“ gewarnt
In Zypern wurde ein offener Brief veröffentlicht, in dem Menschenrechts- und Technologieorganisationen die Behörden des Landes auffordern, die Unterstützung für das europäische Projekt ChatControl—die EU-Initiative zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet—zu verweigern. Die Verfasser warnen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu massenhafter Überwachung führen und das Recht der Bürger auf Vertraulichkeit privater Kommunikation untergraben könnten.
ChatControl ist ein Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission, der Internetplattformen und Messenger dazu verpflichten würde, automatisch alle privaten Nachrichten, Fotos und Videos der Nutzer nach verbotenem kinderbezogenem Inhalt zu scannen. Experten sehen in einem solchen System faktisch eine Infrastruktur totaler Überwachung, die sogar die Analyse verschlüsselter Kommunikation ermöglichen würde.
Der Brief richtet sich an den Justiz- und Innenminister Marios Hartsiotis, den stellvertretenden Minister für Forschung, Innovation und Digitale Politik Nikodemos Damianou sowie an die zypriotischen Mitglieder des Europäischen Parlaments. Unterzeichnet wurde das Schreiben von Vertretern der Wissenschaft, der IT-Branche und zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter Next Generation Internet Zero, Cyprus University of Technology und 101.CY.
Die Autoren betonen, dass ChatControl in der gegenwärtigen Form die Analyse aller Nutzer-Nachrichten vorsieht, einschließlich privater Korrespondenz und Dateien, selbst in Messengern mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Dies schaffe ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen für totale Kontrolle über private Kommunikation und verletze die im EU-Recht verankerten Datenschutzprinzipien.
Im Brief wird auf die Stellungnahmen des Europäischen Datenschutzausschusses (EDPB) und des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDPS) verwiesen, die das Projekt als „unverhältnismäßig und unvereinbar mit den Grundrechten der Bürger“ bewerten. Experten warnen, dass selbst mit den überarbeiteten Formulierungen 2024–2025 die Initiative weiterhin Risiken für die Privatsphäre birgt und den kryptografischen Schutz von Nachrichten schwächt.
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen fordern die Regierung Zyperns auf:
— eindeutig zu erklären, dass die Republik Zypern Maßnahmen, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abschwächen, nicht unterstützen wird;
— offene Konsultationen mit Expertinnen und Experten sowie der Zivilgesellschaft durchzuführen;
— sich für Änderungen einzusetzen, die den Schutz der Kommunikation und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen garantieren.
Die Verfasser unterstreichen, dass der Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt Priorität habe, diese Zielsetzung jedoch durch Bildung, Prävention und effektive Ermittlungsinstrumente erreicht werden müsse—nicht durch massenhaftes Scannen privater Nachrichten.
Mehrere EU-Länder, darunter Deutschland, Österreich und die Niederlande, haben bereits öffentlich erklärt, dass sie ChatControl in der jetzigen Form wegen der Gefahr einer Verletzung verfassungsrechtlicher Rechte nicht unterstützen werden. Auf Zypern hingegen werde die Angelegenheit den Unterzeichnern zufolge weiterhin ohne ausreichende Transparenz und gesellschaftliche Beteiligung diskutiert.
Sie könnten auch interessiert sein an:
- Herbstfestival Halloween Edition findet auf dem Parkplatz von My Mall Limassol vom 25. bis 28. Oktober statt
- Fußballverband Zyperns stoppt alle Spiele von Karmiotissa nach Ermordung des Vereinspräsidenten
- Auf Zypern werden kurze Regenfälle in den Bergen und die Rückkehr von Staub ab Montag erwartet
- In Limassol wurde der Präsident des Fußballclubs „Karmiotissa“ erschossen
- Ärzte in Zypern rufen die Bürger dazu auf, die Symptome von Gürtelrose ernst zu nehmen.